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Bau der ursprünglichen Sternwarte

Im Jahre 1985 erwarb ich eine Gartenparzelle in der Kleingartenanlage Ottenbüttel. Nach dem Erstellen des Konzeptes zum Bau der Sternwarte versenkte ich das Stahlrohr für dieSäule sowie den über 100 kg schweren Betonsockel im Erdreich; alles zur Verwunderung der Gartenfreunde. Kaum jemand verstand, dass ein Tisch (?!) auf einem Bein stehend solch eine Basis braucht. Die Gartenfreunde wurden durch das Setzen von 8 Fundamenten mit Pfostenträgern in ihrer Ansicht bestärkt, dass hier wohl ein Pavillon mit zentralem Tisch entstehen würde. Das Balkengerüst schien ein wenig überdimensioniert, lag jedoch voll im Trend der allgemeinen Meinung. Erste Zweifel traten jedoch auf, als ein quaderförmiger Rahmen um die runde Anordnung der Balken gebaut wurde. Auch schien einigen Gartenfreunden die Höhe der möglichen Tischplatte nicht "normal" zu sein. Eine anschließende quaderförmige Nebenkonstruktion sowie das Aufschütten des Erdreichs innerhalb des Pavillons machten die Verwirrung total perfekt.
Von nun an gab es die wildesten Gerüchte. Nachdem das Gebäude äußerlich mit Profilbrettern verkleidet wurde, ging es an das Dach. Über dem höheren Quader war es ja noch relativ normal. Aber warum bitte hatte das andere Dach ein Loch, das sich kreisrund und zylindrisch erhob? Nachdem das Äußere (Wall mit Blumen, Terrasse, ...) angelegt war, schien alles fertiggestellt. Ein seltsames Gebilde, was dort in der Kleingartenanlage stand !
Klammheimlich transportierte ich eines Nachts meinen 10-Zöller samt Montierung in den Vorraum, so dass er nicht sichtbar war. In manch einer der klaren Spätsommernächte montierte ich ihn schnell auf der Säule, um in aller Ruhe zu beobachten. In der Zwischenzeit wurde die 3,2 m durchmessende Alukuppel im Hof der Mietwohnung fertiggestellt. Nur wenige Personen waren eingeweiht. Und dann war es soweit: am 10. Oktober 1985 bekam die Kuppel Beine. Sie wurde von vier Personen durch das Dorf getragen und dann auf die Unterkonstruktion gesetzt. Die Sternwarte war fertig, und konnte am 12. Oktober 1985 offiziell eingeweiht werden. Freunde und Offizielle trafen sich zu diesem feuchtfröhlichen Ereignis. So manch ein Besucher konnte bereits in den frühen Abendstunden ohne Fernrohr Doppelsterne sehen.

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Geografische Koordinaten

alte Sternwarte
Länge:  -9° 30' 39,4"
Breite:  +53° 58' 41,5"
Höhe:  19 m üNN
neue Sternwarte
Länge:  -9° 29' 58,6"
Breite:  +53° 58' 17,3"
Höhe:  12 m üNN


Instrumentarium


Durchmesser
Brennweite
Bauart
13.1" (333 mm) f/4.5 (1500 mm)
  Reflektor = Spiegel (Newton)
10"    (254 mm)
f/7    (1800 mm)
  Reflektor = Spiegel (Newton)
8"      (203 mm)
f/16  (3250 mm)
f/4.2  ( 840 mm)
  Reflektor = Spiegel (Classical Cassegrain)
  als Newton
6"      (152 mm)
f/4      (610 mm)
  Reflektor = Spiegel (Newton)
4.25" (108 mm)
f/13  (1400 mm)
 
f/3.76  (405 mm)
  Reflektor = Spiegel (Classical Cassegrain)
  als Newton
2.4"     (60 mm)
f/15.1 (910 mm)
  Refraktor = Linse





10-Zoll Cave Astrola


Besucher der Sternwarte


Schon in den folgenden Nächten machte sich der eine oder andere Sternfreund oder Neugierige auf den Weg zur Sternwarte. Schulklassen und Volkshochschulgruppen wollten ein wenig durch das Fernrohr am Himmel spazierenschauen.
Sogar eine Kindergartengruppe fand den Weg zur Sternwarte. Bereits der Weg im Halbdunkel durch die Kleingartenanlage war ein Abenteuer für mich. Um mich herum feixende Eltern. Dazwischen sechsjährige Kinder, die sich über schwarze Löcher unterhielten. Am Fernrohr war es dann kaum anders: Ausgelassene Eltern - und Kinder, die erstaunlich viel über die Planeten und Sterne wussten. Letztendlich einer der unvergessenen Abende in der Kuppel.
Natürlich gab es auch kleinere Gruppen oder Einzelpersonen, die sich die Pracht des Sternenhimmels einmal durch ein größeres Fernrohr ansehen wollten. Oft war die Natur der Auslöser der Einladungen: Finsternisse, Kometen oder andere Ereignisse.


Die Medien


Bei der Einweihung war die Norddeutsche Rundschau präsent. Alsbald schaute ein freier Reporter vorbei, der für die BILD-Zeitung schrieb, aber auch seine Artikel an die DPA lieferte. Hierdurch gab es einige kleine Artikel in den verschiedensten lokalen Zeitungen der Republik.

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Zu den Highlights zählte jedoch der Besuch des NDR. Ein langer Tag von 9 bis 20 Uhr, mit Aufnahmen zu Hause und in der Sternwarte, mit Statisten und Freunden, mit einem Interview des Bürgermeisters vor der Sternwarte, mit ... brachte einen mehrminütigen Bericht im Regionalprogramm des NDR.
Dann meldete sich auch RTL und die Sternwarte war ein zweites Mal im TV.

Pottkieker

Einige Jahre schrieb ich für das Hohenasper SPD-Blatt "Pottkieker" eine Kolumne. Hin und wieder meldete sich die Norddeutsche Rundschau, um einen Artikel für die Lokalbereich zu verfassen.


Sternwarte und Schule


Von 1985 bis 1989 wurden an der Volkshochschule Itzehoe Einführungs- und Fortgeschrittenenkurse angeboten. Während dieser Zeit, bis 1991, fanden Einzelvorträge an den verschiedensten Volkshochschulen des Landes statt.
Ebenso wurde die Astronomie an Grund- und Hauptschulen, sowie im Rahmen einer Projektwoche am Sophie-Scholl-Gymnasium Itzehoe, den Schülern näher gebracht. Sicherlich zählten auch Schulklassen zu den Gästen der Sternwarte.


Sternfreundetreffen


In unregelmäßigen Abständen trafen sich, bis zum Abbau der Sternwarte, alle bekannten mehr oder weniger aktiven Sternfreunde der Westküste an der Otto-Struve-Sternwarte zum sog. Westküsten-Treff.


Das Ende der alten Sternwarte


Durch private Veränderungen war es mir nicht mehr möglich, den Standort Kleingarten zu halten. Der Abbau der Sternwarte erfolgte 1992. Seit dieser Zeit steht die Kuppel ohne Unterbau im Garten. Die Fernrohre stehen in der Dunkelkammer oder im Arbeitszimmer. Bei besonderen Ereignissen werden sie jedoch reaktiviert.


Die neue (alte) Sternwarte


Nach  12 Jahren ohne Sternwarte habe ich mich nun wieder dazu entschieden, sie im Garten am Haus wieder aufzubauen. Der Beobachtungsort ist nicht ideal, denn Bäume verhindern eine optimale Sicht. Es ist aber der Kompromiss, den vielen Nachfragen und Beobachtungswünschen nachzukommen.
Zunächst wird der 10-Zoll-Newton (portable) wieder montiert werden. Nach Fertigstellung der Montierung wird dann der 13-Zoll-Newton seinen Platz einnehmen. Wahlweise kann noch ein 8“ Classical Cassegrain f/20 als Doppelrohr mit einem 6“ f/4 Newton installiert werden.

Endlich! - Die Sternwarte ist wieder bedingt betriebsfähig! Am 14. Januar 2005 wurde der 10-Zöller eingebaut. Am Tag der Saturnopposition und der Huygenslandung auf Titan wurden die ersten Beobachtungen gemacht. Besonders eindrucksvoll war die Beobachtung einer extrem großen Sonnenfleckengruppe, die sogar mit dem bloßen Auge durch den anfänglichen Nebel zu sehen war.


Wer war Otto Struve?


Aus einer holsteiner Familie stammend – Nachfahren wohnen noch in Horst/ Holstein – wurde Otto Wilhelm 1819 als eines von 18 Kindern in Dorpat (heute Tartu, genau zwischen Riga und Leningrad) geboren. Sein Vater war Direktor der dortigen Sternwarte. Er wurde durch die Entdeckung zahlreicher Doppelsterne bekannt. 1839 wurde der Vater nach Russland berufen. Er hatte den Auftrag in Pulkowa, nahe dem damaligen Petersburg, eine große Sternwarte einzurichten.
Otto Wilhelm wurde der Gehilfe des Vaters. Nach beendetem Studium wurde er Astronom an der neuen Sternwarte in Pulkowa mit einem 50 cm durchmessenden Refraktor (Linsenfernrohr) als Hauptinstrument. Er entdeckte mehrere hundert neue Doppelsternpaare und führte umfangreiche Positionsmessungen an ihnen durch. Eine weitere Hauptarbeit war die Ableitung eines verbesserten Wertes der Präzessionskonstanten (Kreiselbewegung der Erdachse).
Sein Vater trat 1862 aus Krankheitsgründen als Direktor des Observatoriums in Tartu zurück. Otto Wilhelm wurde sein Nachfolger. Er musste sich fast ausschließlich der Verwaltung des Instituts widmen, das Russland in der astronomischen Welt zu repräsentieren hatte. Unter seiner Leitung wurden grundlegende Arbeitsprogramme zur Positionsastronomie durchgeführt. 1884 wurde der größte Refraktor Europas in Pulkowa aufgestellt. Er hatte eine Öffnung von 76 cm und eine Brennweite von 14 Metern.
Weiterhin zählte die geodätische Landvermessung (Ortsbestimmung) zu seinem Amtsbereich. Otto Struve war mit großen Vollmachten in allen Personal- und Sachgebieten ausgestattet. 1889 legte er sein Amt wegen Meinungsverschiedenheiten mit der Petersburger Akademie, der das Observatorium angegliedert war, nieder. Otto Struve starb 1905 im Alter von 86 Jahren.
Zwei Söhne und zwei Enkel setzten als angesehene Astronomen in Russland, Deutschland und den USA die Familientradition fort. Ein Enkel  - ebenfalls Otto Struve – lebt in Berkeley (Kalifornien) und schrieb eines der besten Bücher zur Einführung in die Astronomie. Dieses Buch, sowie ein wenig Heimatverbundenheit, bewog mich zur Namengebung der Sternwarte in Ottenbüttel.


Der kleine Astronom


Mit der Eröffnung der Sternwarte wurde alle zwei Monate ein kleines Infoheft herausgegeben. Nach sechs Ausgaben bekam das Kind einen Namen: Der kleine Astronom
Er wurde aus 82 Vorschlägen von 19 Personen ausgesucht. Die Namensgeberin Margrit Schwark aus Itzehoe bekam für ihren Vorschlag ein 30 x 40 cm Foto von der totalen Sonnenfinsternis auf Java. Nach dem 5. Jahrgang wurde die Ausgabe eingestellt. Nun lebt Der kleine Astronom weiter im Internet.





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